CBD - warum wir unsere Hunde womöglich vergiften

Ich wollte CBD selbst testen – jetzt nicht mehr. 
Flóki hasst Autofahren. Es war teilweise so schlimm, dass er sich zitternd im staubigsten Eck der Wohnung verkroch sobald er nur den Autoschlüssel sah. CBD wird vielfach als Wundermittel angepriesen. Meine Neugier war geweckt.
„Vielleicht hilft das ja auch meinem eigenen Hund?“ – Nein. Davon lassen wir die Finger. 

HIER ERFÄHRST DU WARUM MEIN HUND KEIN CBD BEKOMMT

BACKGROUND 

CBD steht für Cannabidiol, ein Cannabinoid, das aus weiblichem Hanf gewonnen wird [1]. Im Gegensatz zum bekannten THC (Tetra-Hydrocannabinol) ist CBD nicht psychoaktiv, hat also keine berauschende Wirkung.
Daher gilt es nach einem Urteil des Europäischen Gerichthofs (C 663/18) vom 19.11.2020 auch nicht als Betäubungsmittel und darf legal verkauft werden.

Folgende Kriterien müssen dafür erfüllt sein:

1. Sie stammen aus dem Anbau von Ländern der Europäischen Union mit zertifiziertem Saatgut (Nutzhanf) ODER dessen THC-Gehalt liegt unter 0,2 %

2. Der Verkehr mit ihnen dienst ausschließlich gewerblichen oder wissenschaftlichen Zwecken, die einen Missbrauch zu Rauschzwecken ausschließen [2].

CBD-haltige Produkte sind jedoch nicht als Lebensmittel zugelassen. Verkauft wird CBD daher als Aromaöle oder in Form von Kosmetik.

EIN AUSFLUG IN DIE HUMANMEDIZIN

In der Humanmedizin gewann CBD in den letzten Jahren aber aufgrund seiner zugeschriebenen anti-entzündlichenanti-oxidativen und anti-nekrotischen Wirkung zunehmend an Interesse [3].

Das endocannbinoide Rezeptor System, woran auch CBD bindet, ist bekannt dafür an Schmerzmodulation und Dämpfung von Entzündungen beteiligt zu ein [4-6]. Diese Rezeptoren sind über das gesamte Nervensystem weit verbreitet [7].

Dennoch, eine schmerzlindernde Wirkung konnte im Menschen noch nicht einwandfrei nachgewiesen werden, weshalb eine Werbung mit solchen Aussagen im Zusammenhang mit CBD in Deutschland verboten ist [8].

In der humanen Forschung wird CBD dennoch ein hohes Potenzial als Therapeutikum bei Schizophrenie, Angstzuständen und vielen weiteren nachgesagt [9].

DER HUND: WAS CBD NICHT KANN

Meine Recherchen ergaben 2 Studien, die Hinweise auf eine positive Wirkung von CBD in Hunden tatsächlich  belegen:

Eine Pilotstudie von 2015 zeigt, dass CBD möglicherweise angeborene Epilepsie lindern kann [10, 11]. In einer weiteren Untersuchung von Osteoarthritis wurde gezeigt, dass CBD Schmerzen mindert [12].

Hinweise für andere Wirkmechanismen fehlen dagegen völlig.

Und so warnt auch die Verbraucherschutzzentrale vor den Versprechungen ausgelobter Effekte von CBD diverses Anbieter [13].

HAT CBD EINE ENTSPANNENDE WIRKUNG

In meiner Umfrage auf Social media zu den Behandlungszielen, sagten über 70% der befragten Hundehalter, dass sie damit gerne die Entspannung ihrer Vierbeiner fördern möchten.

Eine Studie in Hunden ergab keinen positiven Effekt von CBD auf deren Gemütszustand. 

Bei der Untersuchung wurden Hunde jeweils 6 Minuten mit Feuerwerkslärm konfrontiert. Anschließend wurde der Cortisol-Spiegel (Stress-Hormon) im Blut gemessen. CBD (1,4mg/kg) hatte keinen Einfluss auf die Cortisol-Konzentration und erhöhte den Puls sogar [14].

Ist das nun ein tatsächlicher Beleg dafür, dass CBD nicht Entspannungsfördernd ist?

Insgesamt ist auch hier die Datenlage sehr dürftig und so fehlen weitere Untersuchungen, die diesen Befund bestätigen oder widerlegen könnten.

In Nagetieren wurde ein relaxierender Effekt von CBD übrigens durchaus belegt [15, 16]. In einer weiteren Arbeit in Mäusen erzielte CBD nur einen angstlösenden Effekt, wenn der Stress vor Einnahme induziert wurde [15].

Fakt ist aber, dass CBD als angstlösendes Präparat in Hunden zum jetzigen Zeitpunkt nicht bestätigt werden kann.

EINNAHME, DOSIERUNG, ABBAU 

CBD ist fettlöslich, weshalb ein Öl-haltiges Trägermittel in Form von Futterzusätzen sinnvoll ist [24, 25].

Untersuchungen im Tiermodell legen allerdings nahe, dass über die Nahrung verabreichtes CBD nur in geringer Menge (13-19%) vom Körper aufgenommen wird [26].

Dieser Befund passt zu einer Untersuchung von 20 Hunden, in der CBD-Öl als Futterergänzungsmittel den geringsten Effekt auf die Blutkonzentration und deren Allgemeinzustand hatte [27].

HUND IST NICHT GLEICH MENSCH

In Hunden scheint CBD anders verarbeitet zu werden als im Menschen.

Im Hundekörper scheint CBD diversen Umwandlungsprozessen unterlegen zu sein, weshalb es innerhalb des Körpers zu einem schnellen Abbau kommt [20]. Demach ist CBD nach 4 bis 5 h zur Hälfte abegbaut [12].

Weitere Arbeiten belegen Unterschiede zwischen Zielstrukturen und der Bindungsdauer von CBD zwischen den Spezies. In einer Studie wurde die Plasma-Konzentration nach oral verabreichtem CBD in Maus und Mensch verglichen. Beiden Kohorten wurde 120mg/kg CBD verabreicht. Menschliche Probanden hatten ein Plasma-Level von 0,12 Ig/ml, Mäuse einen Wert von 2,2 Ig/ml, also beinahe 20 mal so viel [28].

Laut wissenschaftlicher Berichte wird eine Dosis von 2mg – 2,5 mg/kg empfohlen [12, 29]. Die Produkte auf dem Markt haben eine deutlich niedrigere Konzentration. 

ACHTUNG: Bitte die Dosierung nur in Absprache mit einem Tierarzt ändern!

GEWÖHNUNG

CBD wird hauptsächlich über die in der Leber gebildete Gallensäure und den Kot ausgeschieden [30].

Studien legen nahe, dass eine tägliche Einnahme zu einer dauerhaften Grundkonzentration innerhalb des Körpers kommt [31, 32].

In Ratten verlor der angstlösende Effekt von CBD nach 14tägiger wiederholter Einnahme seine Wirkung [13].  

Zudem bindet Cannabidiol zwar an die Cannabinoid-Rezeptoren, kann deren Aktivität über einen bisher ungeklärten Mechanismus jedoch auch blockieren [33].

 

Eine Gewöhnung kann bei chronischer Einnahme demnach nicht ausgeschlossen werden.

GIBT ES NEBENWIRKUNGEN?

Eine Arbeitsgruppe untersuchte die Einnahme von CBD, CBD/THC und THC-Ölen im Vergleich (4 Hunde pro Gruppe). Mit rund 80 dokumentierten Nebenwirkungen schnitt die CBD-Gruppe am besten ab.

Die häufigsten beschriebenen Nebenwirkungen sind:

  • Durchfall und Übelkeit
  • gerötete Ohrmuscheln
  • verminderte Kondition
  • neurologische Symptome (Muskelzucken) [17]

Langzeitstudien fehlen bislang. Untersucht wurden Tiere bisher nur nach einer Einnahme über wenige Wochen.

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) äußerte sich folgendermaßen zu CBD:

“CBD is generally well-tolerated with a good safety profile (. . . ) and relatively low toxicity” [18]. Die WHO bescheinigt CBD also eine gute Verträglichkeit und niedrige Toxizität im Menschen.

Die Übertragung von Mensch auf Hund hinkt allerdings. Vergleichende Untersuchungen zwischen Mensch, Affe und Hund belegen zahlreiche Unterschiede in deren Metabolismus [19, 20], die sich physiologisch und im Verhalten manifestieren [21, 22].

DAS PROBLEM MIT DEM THC

THC ist für Hunde giftig.
Kein Problem. CBD-Produkte sind ja THC-frei?
– nicht unbedingt. 

Die meisten auf dem Markt befindlichen Produkte enthalten CBD aus Hanf. Cannabis mit einem extrem niedrigen Level an THC (<0,3% Trockengewicht) wird als Hanf klassifiziert.

Dennoch werben viele Vertreiber von Ölen mit dem Versprechen

„THC-frei“- Aber kann das überhaupt sein?

Ich möchte nicht völlig ausschließen, dass es hochtechnologische Laborverfahren gibt, die CBD ohne THC aus Hanf isolieren können.

Allerdings haben CBD und THC ähnliche chemische Eigenschaften und sind beide fettlöslich.

Aus den USA und Kanada gibt es Berichte von Hunden, die von ihren Besitzern versehentlich oder in Unwissen vergiftet wurden [23].  

Die Hunde mit einer THC-Vergiftung wurden als lethargisch und „wie betrunken“ beschrieben und hatten mit Magen-Darm-Beschwerden zu kämpfen [23]. 

Langzeitstudien zu THC in Hunden fehlen.

EU-RICHTLINIEN

In den EU-zertifizierten Sorten darf ein Wert von 0,2% THC nicht überschritten werden.

Das Bundesinstitut für Risikobewertung stellte jedoch fest, dass diese Richtwerte in nahezu allen getesteten Proben (94%) überschritten waren. Die Gehalte an THC lagen durchschnittlich bei 1230mg/kg und waren damit um mehr als das 10.000 fache erhöht!

Der Jahresbericht der Lebensmittelüberwachung Baden-Württenberg 2019 berichtete:

  • 22% der CBD Prdukten hatten einen gesundheitsschädlichem CBD-Gehalt
  • 34% wurden als „für den Verzehr durch Menschen ungeeignet“ deklariert [8].

MEINE EINSCHÄTZUNG

Studienlage

Ingesamt existieren nur wenige Studien im Hund, die eine Wirksamkeit von CBD tatsächlich belegen. Die Umfrage unter meinen Abonnenten ergab allerdings, dass sich bei rund 58% die Ewartungen an das Produkt erfüllt haben. Zwei Studien belegen auch wissenschaftlich eine tatsächliche Wirksamkeit. Ein angstlösender Effekt wurde bislang nur bei Ratten gezeigt.

PRODUKTE AUF DEM MARKT

Zwei von den drei von mir überprüften Herstellern deklarieren das Produkt verbotenerweise als „THC-frei“. Ein Hersteller betont die Ähnlichkeit zwischen Mensch und Hund und bezeichnete CBD als ungefährlich, was nach meiner Recherche für mich nicht eindeutig belegt wird.

Nur einer der drei Hersteller erscheint mir tatsächlich vertrauenswürdig. Hier wurde das Proukt nicht als THC-frei angepriesen und es wurde auf mögliche Nebenwirkungen hingewiesen, eine Warnung, die ich auf den anderen Webseiten vermisst habe.

Nach Emfehlung von wissenschaftlichen Studien wären alle drei Präparate mit der angegebenen Dosisempfehlung massiv (zum Teil 10fach) unterdosiert. 

 

OFFENE FRAGEN

Die Frage nach einer korrekten Dosierung bleibt für mich unbeantwortet: 

Wissenschaftliche Studien empfehlen eine Einmaldosis von bis zu 2,5mg/kg Körpergewicht. Anbieter von Hanfölen dagegen empfehlen ingesamt eine Dosis von 2,5mg bei einem Gewicht von 20kg. Würde man nach wissenschaftlichem Maßstab handeln wären das bei 20kg Hund aber 50mg.

Im Fall von Hanfgeflüster sprechen wir hier also von einem Zehntel der Flasche als Einzeldosis.

Hinzu kommt, dass oft eben nicht drin ist was versprochen wird. In einer kleinen Studie aus den USA wurden drei Hanföle auf ihren CBD Gehalt hin getestet. Alle drei Öle hatten einen niedrigeren Gehalt an CBD als deklariert. Nun sind wir icht in den USA, aber darf man der Verbraucherschutzzentrale glauben, liegen auch hierzulande zwischen Deklaration und tatsächlichem Inhalt zum Teil Welten.

Dieses Wissen, zusammen mit der Ungewissheit was das enthaltene THC mit dem Körper meines Hundes anrichtet, hinterlässt bei mir eine große Verunsicherung. Daher lautet meine abschließende Einschätzung:

Therapeutisches Potenzial? – Ja.

Vollkommen unbedenklich? – Nein. 

Für mich käme eine Anwendung von CBD daher nur mit einem Medizin-Produkt unter der Aufsicht eines Tierarztes in Frage.